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Vorgeschichte

Literarische Ikonologie ist ein literaturwissenschaftliches Projekt. Es geht zurück auf den Beitrag von Hoda Issa auf der internationalen Tagung der Gesellschaft für interkulturelle Germanistik (GiG)  anlässlich des hundertjährigen Bestehens der Germanistik an der Universität Mumbai vom 15. – 21. Dezember 2014 in Mumbai mit dem Titel: Komparative Ästhetik(en). Die positive Resonnanz zur Idee des Beitrags ermutigte sie zur Gründung dieser Plattform von Literaturliebhabern und Fachleuten für Literaturliebhaber und Fachleute.   

 

Fragestellung

Literatur als Produkt von Kreativität im Medium der Sprache ist in ihren Erscheinungsformen nicht sprachenspezifisch. Warum blieb bisher ein übergreifendes methodisches Apparat  aus? Andere Disziplinen wie die Kunstwissenschaft oder Religionswissenschaft haben es längst für sich entdeckt und entwickelt. 

Wenn behauptet wird, dass Dichtung sich nicht nur in ihren biographischen, sozialen oder historischen Deutungen erschöpft, sondern über sich selbst hinausweist, so ist dieses Über-sich-selbst-hinausweisen doch weitgehend undefiniert geblieben. Unser Ansatz knüpft eben dort an. Es ist ein Versuch, eine größere Anzahl literarischer Werke über Ort- und Zeitbezüge hinaus unter analogen Aspekten zu erfassen.

Eine literaturwissenschaftliche Ikonologie mit Hilfe eines kompatiblen Begriffsinstrumentariums zu entwickeln, das die sporadischen und provisorischen komparatistischen Bemühungen zusammenfügt, erweist sich nicht nur als ein Weg, über das Phänomen der Poesie und Phantasie mehr zu erfahren, sondern vor allem bei den gegebenen globalen Kommunationsmöglichkeiten als notwendige Voraussetzung für fundiertes gegenseitiges Verständnis.

 

Stoff- und Motivforschung und Komparatistik

Bisherige Zusammenstellungen von Stoffen und Motiven sowie Komparatistik erlangten keine übergreifenden Aussagen über das Wesen und den Gebrauch literarischer Erscheinungsformen wie formale oder thematische Aspekte, weil sie weder über ein einheitliches Instrumentarium verfügten noch eine einheitliche Auffassung von Literatur besaßen.  Ihre Untersuchungsergebnisse blieben auf die untersuchten Werke bezogen.

Bei der Bearbeitung literarischer Werke von ausserhalb der europäischen literarischen Traditionen zeigt sich, dass nur mit Hilfe einer kompatiblen universalen Methodik die Untersuchung von Werken aus unterschiedlichen Kulturkreisen verbindliche Ergebnisse erzielt werden können. Diese würden interessante Aspekte aufdecken, die neue Diskussionen u.a. über die Wahrnehmung des Phänomens Literatur, über formale Strukturen in der Literatur, über diverse Möglichkeiten  kreativen Schreibens und über kulturrelevante Zugänge zur Literatur, ganz gleich wie man zu ihr steht, generieren könnten.

 

Weltliteratur

Warum mit dem Begriff  Weltliteratur keine genuinen  Aussagen über Dichtung erarbeitet werden konnten, geht ebenfalls auf die Ermangelung eines auf die gesamte Weltliteratur anwendbares Instrumentariums zurück. Die literaturwissenschaftliche Ikonologie soll ohne Normbestimmungen wie trivial oder epigonal, aber auch ohne historisch bedingte Begriffe der Gattung ermöglichen, einen Dialog der Literaturen zu eröffnen.

 

Modelle

James Frazer führte mit seinem Buch The Golden Bough für die Religionswissenschaft  den methodischen Ansatz, relgiöse Vorstellungen breiteren Zeit- und Raumumfanges miteinander zu verbinden. Durch die große Anhäufung von analogen Beispielen und deren Vergleich eröffnete er den Weg für eine wissenschaftliche Wahrnehmung des Phänomens Religion. 

Die Kunstwissenschaft hat vor Jahrzehnten mit dem Begriff der Ikonologie einen ähnlichen Ansatz gestartet, der die Kunst der Welt mit einheitlichen Fachbegriffen betrachtete und über die Grenzen von Ort und Zeit Kunstwerke in einen Dialog miteinander treten ließ.

Diese Plattform ist der Versuch, einen ähnlichen  Zugang zu den Literaturen der Welt zu eröffnen und das dafür erforderliche begriffliche Instrumentarium aufzubauen, um das Phänomen Literatur in in seiner Ganzheit wahrzunehmen. Durch Seitenblicke auf die ikonologischen Registern der Schwesterndisziplinen Religions- und Kunstwissenschaft können bisherige Einblicke in die kognitive Kreativität menschlicher Wahrnehmungs- und Ausdrucksformen  vertieft und erweitert werden.

 

Praktik

Das vorliegende Projekt zielt darauf, die Literatur selbst als die eigentliche Quelle für literaturwissenschaftliche Fragestellungen und Begriffsbildungen anzusehen. Methodisch müsste man so vorgehen, dass man thematische Elemente und  formale Strukturen in literarischen Werken aus verschiedenen Literaturen aufspürt und diese mit Hilfe eines begrifflichen Apparates vergleicht und diskutiert bzw. vorhandene Begriffe auf diesen Zweck hin prüft. 

Unsere Plattform ermöglicht durch die zur Verfügungstellung von Themen, die - vergleichbar mit den Ikonogrammen der Kunstwissenschaft -  die Grundlage zu umfassender synthetischer Sicht bilden. Die Forschungsergebnisse werden unter kompatible Themen subsummiert, die einmal allgemein und einmal spezifisch definiert zu zusammenhängenden Teilergebnissen führen und durch weitere Forschungsbeiträge erweitert und zurechtgerückt werden. Die Formulierung der Themen bzw. die Subsummierung unter ein vorhandenes Thema bleibt den Beitragenden überlassen. Die doppelte Definierung der Themen müsste ausreichen, um für die Suchmaschine ein flexibles Ordnungssystem zu schaffen und für den User die erwünschten Suchobjekte zu treffen. Auf diese Weise wird vermieden, dass die Themen ideologisch belastet werden.

General und Specific bilden somit die Koordinate, die ein Thema definieren: formal, strukturell, funktional usw. als das Wie (General) bzw. motivisch, inhaltlich, stofflich als das Was (Specific). Wo eine Redaktion nicht gegeben ist, hilft diese binäre Bestimmung ferner bei der Zuordnung neuer Themen-Beiträge, bei der Suche und bei der Formulierung von Keywords.